25. Oktober 2017

Agentur

Unsere neue Mitarbeiterin versteht uns nicht – Google Home im Test

Vor einigen Wochen haben wir eine neue Mitarbeiterin bei uns im Team begrüßt. Sie wurde in einem Karton geliefert, läuft mit Wechselstrom und spricht fließend Englisch, Deutsch und Französisch.

Die Rede ist natürlich von Googles digitalem Assistenten: Google Home. Der smarte Lautsprecher fürs Wohnzimmer oder – wie in unserem Fall – fürs Büro soll auf Kommando Fragen beantworten und den Alltag seiner Benutzer vereinfachen. Unter der Haube läuft der Google Assistant, der schon auf dem Smartphone Tagesplaner, Sekretär und Alltags-Hilfe in einem sein möchte. Mittels Machine Learning soll sich der Assistant an sein Gegenüber anpassen und (so Google) mit jeder getätigten Anfrage dazulernen.

Google Home Test im Büro Google Home kombiniert die Software aus Mountain View nun mit einem kompakten 360-Grad-Lautsprecher und einer intelligenten Sprachsteuerung. Wir haben uns den Erzfeind von Amazons Alexa einmal genauer angeschaut und einem zweiwöchigen Alltagstest unterzogen!

Verarbeitung

Der Home wird in einer hochwertigen Pappschuber geliefert. Wie üblich bei Google-Produkten lässt sich das Ganze frustfrei auspacken – mit einem Handgriff ist das mitgelieferte Netzkabel in der Steckdose. Weiter geht die Einrichtung mit der Google Home-App auf dem Smartphone, über die der vasenförmige Lautsprecher mit dem WLAN verbunden wird. Das war’s! Fortan lauschen die eingebauten Mikrofone durchgängig nach dem Signalwort „OK Google“, über das die Sprachsteuerung aktiviert wird.

Wie schon beim Pixel-Smartphone und Chromecast wurde der Smart Speaker komplett im Hause Google hergestellt. Ein Produktionspartner wie Asus oder HTC kommt nicht zum Zuge, wie es bei den Nexus-Phones noch der Fall war. Das Design des Speakers weiß durchaus zu gefallen und integriert sich gut auf Beistelltischen oder Kommoden. Die dekorative Vasenform kommt tatsächlich nicht von ungefähr.

Verwaltung in der Google Home App für iPhone

Google bietet auch Raum für Individualismus: Für den schmalen Preis von 42 Euro (wtf?) kann im Google Shop eine individuelle Schale für das Gerät erworben werden. Gewählt werden kann zwischen den Farben Grau, Bronze und Schwarz.

Sprachsteuerung

Kommen wir zum interessantesten Part: Wie stark ist die Sprachsteuerung des Home wirklich? Dazu lässt sich eindeutig sagen: Es kommt drauf an. Während der Google Assistant auf Englisch schon überraschend gut funktioniert, hat er mit vielen deutschen Befehlen noch so seine Probleme.

Google Home Test im Büro Eine Beispiel: Auf Englisch meistert das Gerät Sprachanrufe über Google Hangouts problemlos, auch Notizen und E-Mails können einfach diktiert werden. Der Speaker trägt diese dann bei GMail beziehungsweise Googles Notizdienst „Keep“ ein und schickt die Daten eigenständig ab. Jene Funktionen suchen wir in der deutschen Spracheinstellung leider noch vergebens.

Ganz und gar zuverlässig funktionieren allerdings aufeinander aufbauende Fragen: Fragt man etwa nach dem Namen des 32. Präsidenten der USA, beantwortet der Speaker auch die Anschlussfrage, wann Franklin D. Roosevelt gestorben ist – nämlich am 12. April 1945. Generell werden Informationen aus dem Google Knowledge Graph zuverlässig abgerufen. Google Home bietet damit zahlreiche Informationen zu bekannten Prominenten, Definitionen, Büchern, Filmen, geschichtlichen Ereignissen und vieles mehr.

Ein großes Anwendungsgebiet ist natürlich das Abspielen von Musik. Einmal mit Spotify gekoppelt, spielt der Google-Cube auf Ansage Playlists, Interpreten oder einzelne Songs ab. Der Haken findet sich wieder in den Feinheiten der deutschen Sprache: Bei englischen Begriffen weiß das System nicht immer mit der Aussprache umzugehen – ungewollt abgespielte Songs kommen öfter vor, als man es sich wünscht. Spricht man Titel und Interpret jedoch besonders deutsch aus, wird man vom Assistenten in der Regel besser verstanden. Hier hat das kalifornische Softwareunternehmen noch nachzubessern.

Auch unschön: Es genügt nicht, die Sprache in den Geräteeinstellungen auf Englisch umzustellen. Um alle verfügbaren Befehle freizuschalten, ist ein US-Account bei Google vonnöten.

Der Klang der kompakten Box ist durchaus respektabel. Unser Büro können wir mit dem Google Home problemlos beschallen. Lediglich der Bass könnte tiefer sein, was aber angesichts der kompakten Größe nicht weiter ins Gewicht fällt.

Datenschutz

Die Datenschutz-Debatte um Google begleitet das Unternehmen seit der Gründung vor über 15 Jahren. So auch bei Google Home: Um die Spracherkennung gewährleisten zu können, hören die Mikrofone dauerhaft zu. Für kurze Zeitabstände von wenigen Sekunden werden Aufnahmen getätigt. Diese Aufnahmen verlassen den Gerätespeicher jedoch laut Aussage des US-Konzerns nur, wenn das sogenannte „Hotword“, also „OK Google“ („Hey Google“ funktioniert übrigens auch!) erkannt wird. Erst dann beginnt die Signal-LED zu blinken und Informationen werden mit Google-Servern ausgetauscht.

Datenschutzhinweise bei Google Home

Google widmet dem Home eine eigene Unterseite zum Datenschutz

 

Gespräche, in denen man sich also nicht an das Gerät wendet, werden nicht an Google-Server gesendet und nach der Aufnahme direkt gelöscht. Die Befehle an Google Home werden auch nicht im Aktivitätenprotokoll von Google gespeichert. Zum Datenschutz in Google Home hat der Such-Riese eine eigene Landingpage eingerichtet, die weiterführende Fragen zum Thema beantwortet: https://support.google.com/googlehome/answer/7072285?hl=de

Einflüsse auf Suchmaschinenoptimierung

Werfen wir zum Schluss noch einen Blick durch die Online-Marketing-Brille: Geräte wie der Google Home oder Amazons Alexa verändern die Art, wie Informationen im Internet gesucht und bereitgestellt werden. Für SEO-Menschen stellt der zunehmende Shift zu Sprachbedienung eine spannende neue Interaktionsform dar, gilt aber auch als Herausforderung.

Ob Alexa, Siri oder Microsofts Cortana: Immer mehr Menschen interagieren mit ihren technischen Gadgets über Sprachbefehle. Klassische Keywordoptimierung tritt in den Hintergrund – ähnlich wie auch die klassische Suche am Desktop-PC. Unter anderem auch, weil durch Machine-Learning-Verfahren der Suchalgorithmus von Google stetig erweitert und modifiziert wird. Google nimmt täglich hunderte Änderungen an seinen Algorithmen vor. Das macht es immer schwieriger, Anpassungen in Etappen einzuteilen und eindeutig zu benennen. Die Zeiten von großen Google-Updates wie Panda, Pinguin oder Hummingbird sind ganz offensichtlich vorbei.

Ein Beispiel: Von einer Sprachsuche bei Alexa bleibt etwa nur das erste Suchergebnis bei Google übrig, welches dem Suchenden vorgelesen wird. Die übrigen Platzierungen spielen keine Rolle. Die Jagd um Platz eins auf der Trefferliste wird dadurch weiter intensiviert.

Aber nicht nur Voice Control stellt eine neue Disziplin für die klassische Suchmaschine dar: Chatbots und intelligente Assistenten für den Alltag werden immer wichtiger. Wie Siri, Alexa und Co. Informationen von Drittanbietern bereitstellen und in ein Ranking bringen – darüber wird in der SEO-Branche bereits heiß diskutiert. Von welcher Plattform die Wettervorhersagen stammen, die die Sprachassistenten verlesen, ist sicher zweitrangig. Wirklich interessant wird es bei kommerziellen Keywords: Gegenwärtig werden über smarte Lautsprecher kaum Suchanfragen mit einer Kaufabsicht getätigt. Und wenn, beziehen sich diese nicht auf das Ökosystem von Google, sondern vielmehr auf die relevanteste Produktsuchmaschine der Welt: Amazon. Sollte zukünftig mehr Menschen mit ihrer smarten Assistenz auf Einkaufstour gehen, wird auch das Thema Voice Optimization schlagartig an Relevanz zunehmen.

Fazit: Diese Sache mit der künstlichen „Intelligenz“

Nahaufnahme von Google Home im Büro Nach unserem Test können wir festhalten: Google Home ist eine schön anzusehende Sprachbox, die (zumindest auf Englisch) zuverlässig funktioniert und einen grundsoliden Sound bietet. In Deutschland ist der Service jedoch noch mit einer Menge Einschränkungen behaftet. Immerhin: Der Konzern mit dem großen G hat angekündigt, die internationalen Sprachversionen seines intelligenten Assistenten stetig weiterzuentwickeln: Bisher US-exklusive Funktionen wie Mails, Notizen und Sprachanrufe sollen kommen. Komplett außen vor gelassen haben wir die Smart-Home-Funktionalitäten von Google Home – was schlicht daran liegt, dass unsere Lampen, Steckdosen und Heizungen im Büro noch nicht smart genug sind. 😉

Aber auch mit jenen Funktionen wird aus der unscheinbaren Vase, die ins Internet funkt, noch kein „intelligenter“ Mitbewohner. Zu beschränkt sind die Sprachbefehle, zu häufig reagiert das Gerät mit einem schlichten: „Sorry, da kann ich noch nicht helfen.“ Google Home präsentiert in erster Linie eine Vision, wie Sprachcomputer unsere Zukunft weiter verändern und zu einem völlig natürlichen Bestandteil unseres Alltags werden können. Seien wir mal ehrlich: Wer hätte bei der Einführung von Siri und der damit verbundenen Datenschutzdebatte erwartet, dass sich sechs Jahre später Menschen bereitwillig ein dauerhaft aktives Mikrofon ins Wohnzimmer stellen würden?

Wie es sich für eine Vision gehört, ist diese noch nicht ausgereift. Das Gefühl, mit einem echten Menschen zu reden, kam im Test zu keiner Sekunde auf. Der allwissende Bordcomputer, mit dem ich mich über alles unterhalten kann, wird wohl auch bis auf weiteres Stoff für Star Trek bleiben.

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