Wer dachte, die quietschbunten Tierchen mit den lustigen Namen aus der Feder des japanischen Videospiel-Konzerns Nintendo seien ein Relikt der 90er-Jahre, der hat wohl seit längerem nicht mehr aus dem Fenster geschaut.Auf den Straßen, in den Parks, an Seen und Flüssen – bisweilen auch an ungewöhnlichen Orten wie einem Tigergehege: Überall können aktuell fleißige Pokémon-Trainer auf der Jagd beobachtet werden.
Pokémon GO – Aus den Kinderzimmern in die ganze Welt
Der Grund für die Aufbruchsstimmung der jungen Zielgruppe ist in aller Munde: Pokémon GO. Die App versetzt den Spieler in die sogenannte “Augmented Reality”. Dort bewegen sich die Pokémon-Trainer zwar in der realen Nachbarschaft, die Pokémon hingegen existieren bloß auf dem Smartphone-Display. Über das GPS-Modul des Handys wird der zurückgelegte Weg in der Wirklichkeit auch im Spiel verzeichnet. Überall können sich Pokémon versteckt halten: Während Wasserpokémon zum Beispiel die Nähe zum kühlen Nass suchen, sind Elektropokémon vorwiegend rund um Kraftwerke zu finden. Um sie zu fangen, werden in erster Linie Pokébälle benötigt, die an sogenannten Pokéstops eingesammelt werden können. Pokéstops sind an Orten von öffentlichem Interesse platziert – etwa an Denkmälern, Spielplätzen oder Sehenswürdigkeiten der Stadt.
Während die Spieler den bislang 151 unterschiedlichen Wesen hinterherjagen, machen sich Firmen Gedanken darüber, wie der aktuelle Hype um die App für das eigene Unternehmen genutzt werden kann. Wir haben fünf Marketing-Tipps für Pokémon GO zusammengetragen:
1. Lockmodule locken nicht nur Pokémon, sondern auch Kunden
Lockmodule können über In-App-Transaktionen für einen Euro erworben werden – mit dem Ziel, wilde Pokémon zu ködern. Einmal aktiviert, lockt es nicht nur Pokémon, sondern auch Spieler zu Ihrer Location. Ein Lockmodul hält 30 Minuten, allerdings können auch mehrere Module hintereinander eingesetzt werden. Perfekte Voraussetzungen für das Veranstalten einer Pokémon-Party mit exklusiven Rabatten für Pokémon-Trainer. In sogenannten “Pokéwalks” kommen Hunderte Trainer zusammen und verfolgen entlang einer vereinbarten Route die seltenen Taschenmonster. Um auf der Tour kein seltenes Pokémon-Exemplar zu verpassen, ist der regelmäßige Kontrollblick zum Smartphone unersetzlich. Das Ergebnis: Die Aufmerksamkeit für die App ist enorm. Einer amerikanischen Statistik von SimilarWeb zufolge spielt der durchschnittliche Pokémon GO-Nutzer ganze 43 Minuten am Tag. Snapchat kommt gerade einmal auf 23 Minuten.
Besonders Restaurantbetreiber werben damit, erschöpften Spielern auf ihrer Tour eine Erfrischung anzubieten. Sorgen Sie dafür, dass Sie auf der Route präsent sind und informieren Sie sich über naheliegende Pokémon-Flashmobs in den sozialen Netzwerken.
2. Arenen garantieren Wettbewerb
Ein weiteres wichtiges Element des Spiels sind Arenen, die überall in der Welt von Pokémon verteilt sind. In diesen können Spieler ihre Pokémon gegeneinander antreten lassen und trainieren. In Pokémon GO hat der Spieler die Wahl zwischen drei Teams: Rot, Blau und Gelb, passenderweise die Farben der originalen Pokémon-Editionen für den GameBoy. Eine Arena kann stets nur von einem Team gehalten werden. Das Erobern von Arenen bringt nicht nur Prestige, sondern auch Bonuspunkte – die Spieler stehen im ständigen Wettbewerb um die beliebten Duellplätze.
Was liege da näher, als dem Champion der nächstgelegenen Arena eine handfeste Belohnung anzubieten? Etwa einen Rabatt auf die Getränkekarte (passenderweise gibt es auch im Pokémon-Universum Heiltränke und magische Elixiere) oder eine kostenlose Testphase für Ihren Online-Service – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
3. Pokémon GO erzielt Reichweite in Social Media
In den sozialen Netzwerken scheint es kein anderes Thema zu geben – überall tauchen dieser Tage die japanischen Taschenmonster auf. Die Marketing-Verantwortlichen namhafter Unternehmen haben unterschiedliche Wege gefunden, Pokémon mit ihrer Marke in Verbindung zu bringen. Nachfolgend einige kreative Vertreter, die Ihnen als Best-Practice-Beispiel für Ihr Unternehmen dienen können.
Diese reichen über die bloße Sichtung von Pokémon …
Am #sv98-Fanshop kann man sich jetzt auch mit Bluzuks & Taubsis eindecken. Pokebälle leider ausverkauft. #PokemonGO pic.twitter.com/SjdikD6RTc
— SV Darmstadt 98 (@sv98) 13. Juli 2016
… über schockierende Enthüllungen …
Skandal! pic.twitter.com/ymgWh6ik7w
— Weil wir dich lieben (@BVG_Kampagne) 13. Juli 2016
… bis hin zur Kreation eigener Pokéstops …
… oder gleich ganzer Pokémon.
4. Lieber Vorsicht als Nachsicht: Rechtliches bei Pokémon GO-Werbung
Aber aufgepasst: Für Kampagnen mit Bezug auf Pokémon ist Fingerspitzengefühl gefragt. Die Verwendung des App-Logos und weiteren offiziellen Bildmaterials ist verboten. Pokémonster, die auf Ihrem Firmenlogo herumklettern, kommen gar nicht gut an. Sie sollten darauf achten, dass nicht der Eindruck entsteht, Sie stünden in einer Kooperation mit Nintendo. Schließlich handelt es sich bei Pikachu und Co. um geschützte Marken mit entsprechenden Rechteinhabern. Rechtanwalt Thomas Schwenke weist auf seinem ausführlich auf die rechtlichen Grenzen und praktische Risiken für Pokémon GO hin.
5. Sponsored Locations in den Startlöchern
Die genannten Ideen für Location Marketing haben eines gemeinsam: Der Entwickler Niantic Labs geht dabei bis auf wenige Euros leer aus. Obwohl sich der Aktienwert von Nintendo seit Start der Pokémon-Anwendung geradezu verdoppelt hat, scheint das Gewinnmodell noch nicht vollständig implementiert zu sein.
Niantic plant in Japan bereits die Einführung sogenannter Sponsored Locations. Mit an Bord: McDonalds – in 3.000 Filialen der Fastfood-Kette sollen Arenen eingerichtet werden, in denen die Kunden ihre Pokémons gegeneinander antreten lassen können. Für jeden zahlenden Kunden, der durch die Pokémon App auf McDonalds aufmerksam wurde, erhält der Entwickler eine Provision. Es bleibt abzuwarten, welche Marken sich hierzulande in die beliebte App einkaufen werden.
In der Community hält sich hartnäckig das Gerücht, dass bald auch das Handeln und Tauschen von Pokémon und Items möglich sein wird. Dies eröffnet neue Marketing-Potenziale für Geschäftstreibende am Puls der Zeit. Die Popularität von Pokémon GO zeigt vor allen Dingen eines: Augmented-Reality-Games sind längst kein Gimmick mehr. Das vermeintliche Kinderspiel verfügt aktuell über mehr aktive Nutzer als das Microblogging-Netzwerk Twitter. Durch den finanziellen Erfolg der App angelockt sind bereits erste Nachahmer im Umlauf. In China werden etwa nicht Pokémon gejagt, sondern verblüffend ähnlich aussehende Kreaturen im offensichtlichen Software-Klon City Spirit Go.
Pokémon GO hat Augmented Reality quasi über Nacht massenkompatibel gemacht. Weitere AR-Anwendungen werden folgen – und diese beschränken sich nicht nur auf Spiele. Das Marketing in und rund um die “erweiterte” Realität hat das Potenzial, zu einem Teil des etablierten Marketingmix von Geschäften und Locations zu werden.