Ehe man sich versieht, ist ein Jahr vergangen und gefühlt die Hälfte aller Prominenten verstorben. Auch weltpolitisch war 2016 sicher kein einfaches Jahr. Doch selbst wenn man diese entbehrungsreiche Zeit nun endlich hinter sich lassen möchte, so bringt objektiv gesehen doch jedes Jahr seine Höhen und Tiefen mit sich.
So auch im Social-Media-Bereich. In den zurückliegenden zwölf Monaten haben neue Netzwerke das Licht der Welt erblickt, andere haben ihren Marktanteil weiter ausbauen können. Für wieder andere Social-Media-Player endet 2016 weniger erfolgreich: Sie mussten dieses Jahr ihren Hut nehmen und sich verabschieden. Wir präsentieren Ihnen die vier Social-Media-Gewinner und -Verlierer der vergangenen Monate!
Platz 4: Vine nicht, wenn der Regen fällt!
Gewinner: WeChat
Der in Peking entwickelte Messenger WeChat (in China Weixin genannt) hat sich unter den Anwendungen als Alleskönner profiliert – und das nicht erst seit gestern. Mal eben den Tisch im Lieblingsrestaurant reservieren und nach dem Essen direkt mit dem Handy bezahlen? Bei WeChat kein Problem. Die App bündelt die unterschiedlichsten Funktionen in einer Anwendung. Ein Vorhaben, das auch der Facebook Messenger und Google Allo verfolgen. Die Silicon-Valley-Stars hinken diesem Trend, möglichst viele Dienste zu vereinen, allerdings noch hinterher. Mit einer weltweiten Nutzerzahl von über 762 Millionen Anfang 2016 und einem Umsatz von fast 1,25 Milliarden Dollar im Jahr 2015 ist es nur eine Frage der Zeit, bis WeChat stärker gen Westen expandiert und dem Facebook Messenger (1 Milliarde Nutzer), WhatsApp (1 Milliarde Nutzer) und Google Hangouts/Allo (500 Millionen Nutzer) Konkurrenz macht.
Verlierer: Vine
Ende Oktober gab Twitter bekannt, seinen Videodienst Vine in den nächsten Monaten einzustellen. Offizielle Gründe dafür wurden nicht publik. Jedoch ist durchgesickert, dass die Pläne zur Monetarisierung der Inhalte nicht aufgegangen sind und kein Käufer gefunden werden konnte. Mit Sicherheit war auch die starke Konkurrenz durch Instagram und Snapchat ein Mitgrund für das Aus von Vine – und den Stellenabbau von mehr als jedem zehnten Mitarbeiter bei Twitter. Dafür arbeitet das Unternehmen mit Hochdruck an seiner Livestreaming-App Periscope und konnte zuletzt seine Nutzerzahl auf 313 Millionen Aktive pro Monat ausbauen.
Platz 3: David gegen Goliath
Gewinner: LinkedIn
2016 war zweifelsohne DAS Jahr für LinkedIn: Zuerst die große Medienresonanz aufgrund der Übernahme durch Microsoft, danach die Bekanntgabe, dass das amerikanische Netzwerk dem deutschen XING bedrohlich nah aufgerückt ist. Von April bis Oktober konnte LinkedIn seine Nutzerzahlen in Deutschland, Österreich und der Schweiz von acht Millionen auf neun Millionen steigern. Aller Voraussicht nach wird das neue Tochterunternehmen von Microsoft 2017 in Deutschland weiter Fuß fassen – eine Integration in Windows ist durchaus denkbar. Auch der große Wirbel um die Sperrung des Netzwerks für fünf Millionen russische Nutzer durch deren Regierung tat dem Expansionskurs des Karrierenetzwerkes keinen Abbruch.
Verlierer: XING
XING scheint die Krone der Business-Netzwerke im deutschsprachigen Raum an den großen US-Konkurrenten LinkedIn abgeben zu müssen. In der Schweiz und Österreich hat LinkedIn das deutsche Netzwerk bereits überholt und wächst in Deutschland deutlich schneller als XING. Die Zeichen stehen nicht gut für das Karrierenetzwerk mit Sitz in Hamburg: Der Vorstoß mit XING Ads wurde von den Werbetreibenden eher verhalten aufgenommen. Zudem werden die Basisfunktionen für nicht-zahlende Nutzer zusehends beschnitten, um die Premium-Abonnements zu erhöhen. Die Fokussierung auf redaktionelle und exklusive Inhalte (XING Klartext) soll nun neue User anlocken. Ob das klappt?
Platz 2: Copy-Cat Mark Zuckerberg
Gewinner: Facebook & Instagram
Facebooks Instant Articles sind weiterhin auf Wachstumskurs. Mittlerweile stehen die schnell-ladenden Beiträge auch den Werbetreibenden im Ad Manager als zusätzliche Auslieferungsoption zur Verfügung. Gerade bei Berichterstattungen ist diese Platzierungsvariante sehr beliebt und steht damit in direkter Konkurrenz zu den AMP-Artikeln von Google. Weiterhin sind die neuen Werbeformate Dynamic Ads und Carousel Ads mit immens guten Click-Through-Rates DIE neuen Mittel zum Erfolg, um seine Zielgruppe kosteneffizient zu beeindrucken. Das Beste daran: Eine Auslieferungsmöglichkeit an Instagram wird direkt mitgeliefert. Wer seine Zielgruppe ebenfalls auf externen mobilen Apps erreichen möchte, kann sogar die eigenen Inhalte über den Ad Manager von Facebook an das gesamte Audience Network verteilen. Den Hype um audiovisuelle Inhalte greift Facebook gekonnt auf: Die Kalifornier setzten mit Facebook Live auf eine eigene Livestream-Lösung, die 2016 regelrecht durch die Decke ging. Die frech von Snapchat abgekupferten Stories-Funktionen verhalfen dem eigenen Fotodienst Instagram zu einem Nutzeranstieg auf 1,7 Milliarden – gerade bei der jungen Zielgruppe sind die Stories beliebt. Facebook ist und bleibt deshalb zwar die Nummer eins unter den sozialen Netzwerken, landet bei uns trotzdem nur auf Platz zwei der Gesamtwertung. Eine App konnte uns in diesem Jahr nämlich noch weitaus mehr begeistern.
Verlierer: Google+
Nachdem Google die direkte Konkurrenz zu Facebook im vergangenen Jahr endgültig aufgab und das Netzwerk sukzessive zu monothematischen Communities umbaute, hat sich auf Google Plus 2016 relativ wenig getan. Die Prioritäten beim Suchmaschinen-Konzern liegen mittlerweile woanders: neue Apps (allen voran die KI-gestützten Messenger Allo und Duo) und dieses Jahr mit dem Google Pixel auch erstmals eigene Hardware unter der Dachmarke des Konzerns. Wie viele Nutzer man bei Google Plus noch antrifft, hängt ganz davon ab, auf welchen Themenseiten man sich bewegt. Gerüchten zufolge tummeln sich noch zwischen vier und sechs Millionen Nutzer auf dem Netzwerk – für viele Unternehmen zu wenig. Einige namhafte haben 2016 deshalb aufgehört, ihre Profile mit neuen Inhalten zu bespielen. Google selbst gibt schon seit Jahren keine offiziellen Nutzerzahlen mehr heraus.
Platz 1: Das Snapchat-Phänomen
Gewinner: Snapchat
An einer App kam dieses Jahr niemand vorbei: Snapchat. Die Nutzerzahlen des Messengers kannten 2016 nur eine Richtung: steil nach oben. Mittlerweile ist die Nutzerbasis auf 150 Millionen gewachsen. Das Bemerkenswerte: Snapchat wächst in Deutschland schneller als Facebook oder Instagram. Hierzulande snappen mittlerweile über 15 Millionen. Mit authentischen und kurzlebigen Inhalten schafft es das Netzwerk, immer mehr Menschen auch über 29 Jahren anzusprechen. Snapchat emanzipiert sich von der Teenie-App zur beinharten Alternative für WhatsApp und Co. Der Erfolg der App wird an seinen Einflüssen auf die Konkurrenz deutlich. Neben Instagram Stories hat auch WhatsApp damit begonnen, schrittweise Snapchat-Funktionen nachzubauen. Auch wenn die Discover-Werbung in Deutschland noch an dem Unwillen der hiesigen Verlage scheitert: Viele Marken haben den Marketing-Kanal mittlerweile für sich erschlossen – manche mit mehr, andere mit weniger Erfolg. Fakt ist: Der Marktwert der Anwendung mit dem kleinen gelben Geist wurde unlängst auf 20 Milliarden geschätzt. Also ungefähr vier Mal so viel wie die Deutsche Lufthansa. Diese gleichermaßen surreale wie bedenkliche Tatsache ist uns Platz eins auf dem Siegertreppchen wert!
Verlierer: Meerkat
Die Revolution frisst ihre Väter. So auch geschehen im Fall Meerkat: Die App gilt als Vorreiter im Livestreaming-Segment. Als erstes überhaupt hatte das Unternehmen Anfang 2015 das Thema auf die Agenda gesetzt. Recht schnell wurde das Start-up jedoch mit gewaltigen Problem konfrontiert: Twitter kaufte im März 2015 den Hauptkonkurrenten Periscope und Facebook legte mit Facebook Live nach. Latenzfreies Livestreaming stellt hohe Anforderungen an die technische Infrastruktur und erfordert viel Server-Power. Die Großen konnten den nicht unerheblichen Kostenaufwand einfacher stemmen als der Nachwuchs. Und so musste Meerkat im Oktober 2016 den Stecker ziehen.
Fazit
Abschließend stellen wir fest: Gerade bei kostenlosen Diensten sind Nutzer und deren Daten der Erfolgsfaktor Nummer eins. Und wiederum jene Plattformen mit den meisten Nutzerdaten sind am attraktivsten für Werbezwecke von Unternehmen, weil jede noch so kleine Nische erreicht werden kann. Wer als Unternehmer seine eigenen Inhalte zielgerichtet vermarkten möchte, sollte zwar weiterhin bei den etablierten Riesen am Ball bleiben, neue Sterne am Social-Media-Himmel aber nicht vorschnell als „Unsinn“ für Teenager abtun. Am Beispiel von Snapchat kann man sehr schön nachvollziehen, wie die Zukunft Lügen straft. Mittlerweile sind mehr als 14 Prozent der Snapchat-User älter als 35 Jahre. Das zeigt, dass anfänglich als Kinderkram abgetane Netzwerke schnell großes Potenzial auch bei älteren Zielgruppen entwickeln können. Schade, wenn man als Unternehmer dann nicht am Ball geblieben ist. Sowohl Start-ups als auch die Branchengrößen lassen sich aber nicht entmutigen, stets neuen Innovationen hinterherzujagen. Lassen Sie sich überraschen, was das Social-Media-Jahr 2017 bereithält.