10. Mai 2021

Social Media

Twitter startet Audio-Streams – Das bessere Clubhouse?

Auch Twitter ermöglicht es seinen Nutzern seit Ende April – in Anlehnung an den Clubhouse-Hype im Frühjahr – Live-Audiogespräche zu führen. Die Funktion „Twitter Spaces“ steht in direkter Konkurrenz zu Clubhouse. Wir zeigen euch, welche Funktionen Twitter Spaces bereit hält und welche Relevanz es für Anzeigen haben könnte.
Titelbild Twitter Spaces

Der Trend, erfolgreiche Funktionen von der Konkurrenz zu kopieren und in die eigene Software zu integrieren, ist so alt wie das Internet selbst. Zuletzt hatte Facebook Aufmerksamkeit damit erregt, die Kernfuknktionen von Snapchat und Tiktok 1:1 in Form der Story- und Reel-Funktion von Instagram zu replizieren. Nicht unbedingt die feine englische Art, aber überall Realität.

Audio killed the Radiostar?

So geschehen ist es nun auch auf dem Markt der Audio-Livestreams. Deutsche Twitter-Nutzer können mit einem Klick einen “Space” genannten Stream erstellen und bis zu 11 Personen als Speaker einladen. Der Space läuft nach der Erstellung im Hintergrund weiter, was bedeutet, dass man froh und munter mit anderen Leuten diskutieren kann, während man weiterhin auf Twitter herum surft.

Der Host kann selbst verwalten, wer sprechen kann, indem er einen Teilnehmer “auf die Bühne hebt” oder die Sprecherlaubnis wieder entzieht. Diese Erlaubnis kann per Einladung über eine Direktnachricht erfolgen oder aber der Host erlaubt dies pauschal allen Leuten, denen er folgt. Während die Anzahl an Speakern auf 11 begrenzt ist, scheint die Anzahl an Hörern unbegrenzt zu sein. Wir haben schon Spaces mit über 100 Zuhörern gesehen.

Ganz nett ist auch die Möglichkeit der Zuhörer, auf das Gesagte zu reagieren. Es stehen verschiedene Emojis zur Reaktion zur Auswahl, die im Space angezeigt werden – für Stimmungsbilder in Audio-Streams sicher sinnvoll.

Spaces sind öffentlich, was heißt, dass jeder Nutzer und jede Nutzerin dem Space eigenständig als HörerIn beitreten kann. Privat geschaltete Accounts können momentan keinen Space erstellen. Die aktiven Twitter Spaces werden in der Twitter-App oben bei den “Fleets” genannten Stories angezeigt und gesondert mit einem Symbol gekennzeichnet. Mit einem Klick auf das Profilbild eines Nutzers gelangt man dann direkt in den Audiostream und kann lauschen.

Wie kann man Twitter Spaces für das eigene Business nutzen?

Zum aktuellen Zeitpunkt wird auf Twitter Spaces unserer Wahrnehmung nach viel herumprobiert. In der deutschsprachigen Twitter-Community finden sich zahlreiche Spaces mit einer Handvoll Nutzern, in der über Gott und die Welt geredet wird. Wir durften aber auch schon einer interessanten Session zum Thema Crypto-Währungen und ihrer langfristigen Sinnhaftigkeit beiwohnen. Ein Problem ist momentan die Sichtbarkeit von Spaces, da diese momentan nur bei den Fleets angezeigt werden. Es ist auch möglich, den Space über einen Tweet zu teilen, allerdings erreicht dies eben auch primär nur die eigenen Follower. Ihr seht also hauptsächlich Audiostreams von Leuten, denen ihr ohnehin folgt. Eine “Featured”-Übersicht mit momentan sehr beliebten Spaces (gerne auch filterbar nach Land) wäre hier sinnvoll – analog zu den Trends auf Twitter.

Im amerikanischen Raum wird Twitter Spaces schon deutlich aktiver genutzt. Hier zeigen sich einige Szenarien, wie Twitter Spaces von Personen der Öffentlichkeit, aber auch von Firmenaccounts genutzt wird, um sich zu positionieren:

  1. Im Rahmen von Q&As (Question & Answer) werden Fragen zur eigenen Person oder Firma beantwortet. Unternehmensaccounts nutzen das Format, um populäre Influencer im eigenen Twitter Space durch die Community befragen zu lassen, was die Sichtbarkeit der eigenen Marke stark erhöht.
  2. Durch die Beteiligung als Speaker in einem anderen, bekannten Space, besteht die Chance, sein eigenes Business oder sich selbst als Person bekannter zu machen. Hier spielt das Thema Personal Branding eine wichtige Rolle.
  3. Immer wieder sieht man auch Corporate Influencer, die von den NutzerInnen als Vertreter ihres Arbeitgebers wahrgenommen werden und für das Unternehmen sprechen. Durch die Teilnahme eines Corporate Influencers an einer Twitter-Diskussion wird natürlich auch das Profil der Firma geschärft.
Previous slide
Next slide

Auch Facebook pusht auf den Audio-Markt

Twitter ist tatsächlich nicht der einzige Social-Media-Player, der im boomenden Markt um Audio-Inhalte ein lukratives Geschäftsmodell sieht. Auch Branchenprimus Facebook soll im Sommer Audio-Livestreams & sogar eine Podcast-Funktion launchen. Der Konzern aus Palo Alto spricht davon, die Audio-Livestreams nach deren Beendigung direkt als Podcasts exportieren und bei Spotify veröffentlichen zu können. Die Audio-Inhalte können auch hier ganz entspannt im Hintergrund abgespielt werden, während man weiter durch Facebook surft.

Bei den ganzen Diensten den Überblick verloren? Wir haben euch die Stärken von Twitter Spaces, Clubhouse und Facebooks Live-Audio-Funktion noch einmal übersichtlich gegenübergestellt:

Twitter Spaces Clubhouse Facebook Live-Audio
Maximal 11 Speaker Die Anzahl der Speaker ist unbegrenzt -
Ist für IOS und Android erhältlich Nur iOS, Android-Version in Arbeit Beide Plattformen geplant
Audioqualität ist sehr gut Audioqualität “okay” -
- - Live-Audios als Spotify Podcast oder Tonschnipsel exportieren
Live-Untertitel zum Mitlesen - Live-Untertitel zum Mitlesen
- Streams können zeitlich festgelegt und eingetragen werden -
Jeder hat Zugang auf den Stream Streaming Räume können privat geschaltet werden -
Jeder ab 600 Follower kann Spaces erstellen Zugang nur über Einladung möglich -
Reaktion durch Emojis ist möglich - -
Die Anzahl der Zuhörer ist unbegrenzt Anzahl der Zuhörer beträgt max. 5000 -

Und wie ist’s mit Ads?

Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es noch keine Möglichkeit, Werbung in Twitter Spaces einzubuchen – bei Clubhouse gibt es auch (noch) keine Ads. Bei einer brandneuen Funktion ist das aber auch nicht weiter verwunderlich, da diese erst einmal auf Gegenliebe beim Publikum stoßen muss. Durch das Vorhandensein der Audiostreams kann die Nutzungszeit innerhalb der Twitter-App perspektivisch erhöht werden. Twitter hatte lange Zeit damit zu kämpfen, dass NutzerInnen die App lediglich einmal am Tag öffneten, um ihren Feed von oben nach unten durchzuscrollen. 2016 begegnete der Dienst aus San Francisco diesem Problem bereits mit einer algorithmischen Timeline, die seitdem Tweets nicht mehr chronologisch darstellt. Im November 2020 kamen die Stories nach. Mit Spaces dürften sich die Nutzungszeiten der Plattform weiter positiv entwickeln. In Corona-Zeiten hängt man ja ohnehin viel in irgendwelchen Calls herum – haben wir uns sagen lassen.

Unsere Prognose: Wenn Twitter Spaces richtig Fahrt aufnehmen sollte, verbringen die Menschen mehr Zeit damit, durch den Feed zu scrollen, während sie mit einem Ohr in irgendeinem Audiostream hängen (Second-Screen-Phänomen). Längere Nutzungszeiten bedeuten häufigere Kontaktpunkte mit Twitter Ads und damit eine höhere Interaktionsrate. Cool!

Fazit

Twitter Spaces funktioniert so ziemlich exakt so wie Clubhouse – mit dem kleinen Unterschied, dass Twitter ungefähr das zwangzigfache an aktiven Nutzern auf seiner Plattform weiß. Die Audioqualität beim hellblauen Vogel ist Clubhouse gefühlt überlegen.

Aktuell wird die neue Funktion in Deutschland noch relativ wahllos eingesetzt, ähnlich wie bei Clubhouse werden sich mit der Zeit interessante Nutzungsszenarien im Alltag herausbilden. Ob dies nun mittelbar das Ende des Clubhouse-Hypes bedeutet, ist indes noch nicht abzusehen. Die Betreiber von Clubhouse haben zuletzt große Pläne für die Audiostreaming-App angekündigt. Bald startet das eigene Förderprogramm für ausgewählte Kreative, in der Clubhouse jedem Teilnehmer 5000 Dollar im Monat und attraktive Markenkooperationen verspricht. Ob das reichen wird, um die App im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit zu halten, darf bezweifelt werden. Im Vergleich zu den Markführern Facebook und Twitter wirkt Clubhouse geradezu zwergenhaft.

Eine Analogie soll aber erlaubt sein: Auch nachdem Facebook die Funktionen von TikTok und Snapchat in Instagram implementiert hat, ist keine der beiden Plattformen komplett gestorben. Wir prophezeien Clubhouse eine Schonfrist von einigen Jahren in der Nische.

Tobias Lübke

Tobias Lübke

Als Google-Ads-Professional verantwortet Tobias den Bereich Search Engine Marketing der Agentur. Wenn er gerade nicht auf der Suche nach dem perfekten Ranking ist, optimiert er Conversion- und Analytics-Prozesse beim Kunden.

Vielen Dank an Sofie für die tatkräftige Unterstützung beim Artikel.

Jetzt Kontakt aufnehmen

Du findest den Beitrag interessant? Neue Artikel im Newsletter erhalten.

Folge uns auf LinkedIn