26. September 2023

Allgemein

Retail Ads: Hype oder neuer Mediachannel?

Wenn es letzte Woche bei der DMEXCO in Köln ein Thema gab, das in jedem Talk präsent war, dann ist es Retail Ads. Wir nutzen die Gelegenheit, um das Thema aufzugreifen und zeigen euch, was Retail Ads sind und ob euer Angebot vom Marketingtrend profitieren kann.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Retail Ads eigentlich?

Retail Ads sind Werbeanzeigen auf den Websites von Online-Shops und Publishern, die entweder vom Retailer selbst oder von Ads-Netzwerken eingeblendet werden. Wenn der Betreiber eines Online-Shop also Werbeplätze für die Brands im Shop anbietet, spricht man von Retail Media (oder Retail Ads). Das kann sowohl online im Webshop als auch offline im Vorort-Geschäft passieren. Im Retail Media-Geschäft wird zwischen Onsite (also Werbung auf der Seite selbst oder im Geschäft) und Offsite unterschieden. Bei Offsite-Werbung handelt es sich um Ads auf anderen Webseiten als dem Online-Shop selbst, die mittels Retailer-Daten ausgesteuert werden (z.B. Remarketing).

Jedes Unternehmen wird zum Medienunternehmen

Egal, ob bei Amazon, im App Store oder bei Zalando: Wenn man in der Suchzeile den Namen eines verbreiteten Produkts eingibt, kann man mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass der erste Eintrag eine Werbeanzeige ist. Die genannten Unternehmen verkaufen die ersten Platzierungen in der Suche an Werbetreibende. Selbst Player wie Airbnb, Hornbach und Lieferando sind mittlerweile auf den profitablen Retail-Media-Zug aufgesprungen und vermarkten Werbeflächen auf ihren Websites und in den Apps.

Übrigens: Das Trendthema ist auch in der offiziellen DMEXCO-App angekommen. Auch hier war es für Aussteller möglich, Werbeplätze einzukaufen, um sich besonders hervorzuheben.

Die Vorteile von Retail Media liegen auf der Hand. Da die Werbeanzeigen direkt im Shop geschaltet werden, sind die Interessenten sehr nah am Kaufabschluss – schließlich suchen sie bereits im Shop nach entsprechenden Produkten. Die Conversion-Rate von Retail Ads sind entsprechend hoch. Der Datenschutz bei Retail Ads ist stark, weil die Daten nicht zentralisiert vorliegen, wie bei Google oder Facebook, sondern bei jedem Anbieter einzeln erhoben werden. Die Kampagnensteuerung bei Retail Media erfolgt mittels First-Party-Daten vom Shopbetreiber oder Ads-Netzwerk. Werbetreibende können dadurch unabhängiger von Drittanbieter-Cookies werden. In Zeiten von verstärktem Datenschutz und einer zunehmenden Regulierung durch die EU kein unwichtiges Wachstumskriterium.

Für Retailer bieten Retail Ads den Vorteil, dass sie unabhängig von den großen Ads-Netzwerken wie Google und Facebook ihr Inventar monetarisieren können und mehr Einfluss darauf auswirken können, welche Anzeigen tatsächlich auf ihren Websites angezeigt werden. Retail Media ist mittlerweile einer der am stärksten wachsenden Bereiche in der Online-Werbebranche. Laut GroupM Forecast wird der weltweite Umsatz mit Retail Ads 2023 auf ganze 125,7 Milliarden US-Dollar klettern. Der gesamte Markt für Suchmaschinenwerbung macht ungefähr 200 Milliarden USD im Jahr aus.

Welche Anzeigenformate und Platzierungen gibt es?

Bei Retail Media unterschieden wir zwischen klassischen Display Ads, also Bannerwerbung, und Native Ads. Native Ads fügen sich organisch in den Inhalt der Website ein und sollen auf den ersten Blick nicht von normalen Produkteinträgen unterscheidbar sein. Native Ads werden zum Beispiel in den Suchergebnissen im Online-Shop oder unter den Empfehlungen für ähnliche Produkte auf Grundlage der bisherigen Käufe angezeigt.

Darüber hinaus bieten viele Retailer mittlerweile Sonderformate an, wie zum Beispiel das Sponsoring einer kompletten Kategorie-Seite im Online-Shop. Dabei wird eine Kategorie im Shop komplett unter das Dach einer Marke gestellt und die Produkte der jeweiligen Marke auf der Kategorieseite besonders hervorgehoben. Außerdem bieten viele Online-Shops eine Platzierung in angeschlossenen Kommunikationskanälen wie dem unternehmenseigenen Newsletter oder den Social-Media-Kanälen des Retailers an.

Warum der ganze Hype um Retail Media?

Du merkst: So richtig neu ist das Thema nicht. Seit es das Internet gibt, stellt sich die Frage nach der Refinanzierung der Kosten für Personal und Infrastruktur. Publisher wie Spiegel Online oder BILD haben schon immer Werbeplätze an Marken vermietet, um das eigene Angebot zu finanzieren. Retail Ads sind allerdings mehr als schnöde Bannerwerbung: Durch die Nutzung von First-Party-Daten sollen die Werbeanzeigen personalisiert und dynamisch ausgesteuert werden. Bereiche der eigenen Website, die man früher vielleicht über Google AdSense-Werbeflächen vermarktet hat, werden nun durch eine eigene Vermarktung bespielt. Es werden eigene Interaktionsdaten gesammelt, der Wert des eigenen Online-Shops steigt.

Ein gutes Beispiel dafür ist Amazon, der größte Anbieter von Retail Ads weltweit: Die Anzeigen auf Amazon basieren auf den bisher getätigten Käufen und den Kategorien, in denen der Nutzer oder die Benutzerin gerne stöbert. Bei der Suche nach einem Staubsauger handelt es sich zum Beispiel erst beim dritten Treffer um ein organisches Suchergebnis. Zu allererst kommen die Anzeigen.

Mit dem aktuellen Hype um Retail Media besinnen sich viele Anbieter gewissermaßen auf eine alte Kernkompetenz: Ein bekannter Online-Shop kennt seine Nutzer einfach sehr sehr gut und kann auf eine lange Bestellhistorie zurückgreifen. Diese enge Kundenbeziehung und die Daten, die daraus hervorgehen, werden in Retail Media nun gewinnbringend eingesetzt.

Also alles super mit Retail Media?

Da die Werbung bei Retail Media auf externen Websites ausgesteuert wird, ist der Werbetreibende in der Regel auf eine Auswertung durch den Retail-Media-Anbieter angewiesen. Als Werbetreibende habt ihr keinen direkten Einblick in die Zugriffszahlen der Website. Es kann daher schwierig sein, den tatsächlichen Return on Investment von Retail-Media-Kampagnen zu errechnen. Die Qualität von Monitoring-Möglichkeiten und Reportings schwankt sehr stark je nach Anbieter. Eine einheitliche Tracking-Möglichkeit wie zum Beispiel beim Marketing über Meta Ads oder Google Ads existiert nicht.

Anbieter von Retail Media müssen außerdem darauf achten, dass die Schaltung der Ads nicht die Nutzererfahrung der Website beeinflusst. Zu viele oder zu großformatige Anzeigen, die Bedienelemente blockieren, können sich negativ auf die User Experience auswirken.

Aus Nutzerperspektive kann es zum Problem werden, wenn die Nutzerdaten zur Schaltung der Anzeigen herangezogen werden. Hat der Nutzer oder die Benutzerin den Eindruck, dass ihre persönlichen Bestelldaten gewissermaßen verkauft werden, um Ads zu schalten, kann dies zu einem Vertrauensverlust führen. Und das ist mit das Schlimmste, was einem Online-Shop passieren kann.

Sinnvolle Ergänzung im Mediamix?

Was sagen wir also zu Retail Ads? Alles nur ein Hype oder ist tatsächlich etwas dran? Werbekampagnen sollten prinzipiell losgelöst von Kanälen gedacht werden und sich vielmehr an den Verhaltensweisen und Interessen der Zielgruppe orientieren. Wenn sich die Zielgruppe auf den bekannten Retail-Portalen aufhält und dort nach Produkten sucht, kann die Schaltung von Retail Ads sehr gewinnbringend für die Marke sein. Eine direkte Konkurrenz zu bestehenden Werbekanälen wie Social Media, Mail oder SEA stellt Retail Media allerdings nicht dar. Vielmehr ergänzen Retail Ads das Inventar um einen sinnvollen weiteren Mediakanal. Bei der Auswahl der Plattformen und Ads-Netzwerke sollte man sich als Werbetreibender jedoch von Experten beraten lassen – die Qualität der Angebote variiert stark je nach Anbieter.

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Tobias Lübke

Als Google-Ads-Professional verantwortet Tobias den Bereich Search Engine Marketing der Agentur. Wenn er gerade nicht auf der Suche nach dem perfekten Ranking ist, optimiert er Conversion- und Analytics-Prozesse beim Kunden.

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