24. März 2021

Suchmaschinen

iOS 14.5: Auswirkungen auf Google Ads & Google Analytics

Die allgemeine Aufregung um das Privatsphäre-Update rund um iOS 14.5 namens App Tracking Transparency ("ATT") nimmt nicht ab. Apple verlangt von seinen App-Entwicklern zukünftig eine Dialogbox, in der App-Nutzer der Verwendung von eindeutigen Erkennungsmerkmalen wie der IDFA-Nummer (“Identifier for Advertisers”) zustimmen müssen. Die Cookiebanner unter den Apps quasi. Facebook hat bereits erste Lösungen für ein Tracking nach ATT veröffentlicht – doch wie sieht es eigentlich beim großen G aus?
Blogbeitrag iOS 14.5 Auswirkung auf Google

Inhaltsverzeichnis

Auch Google hat auf die Ankündigungen seitens Apple reagiert, um die Auswirkungen auf iOS-Kampagnen erträglich zu halten. Google setzt dabei ganz und gar auf die Zugkraft von SKAdNetwork. Worum es sich dabei handelt und wie ihr eure App-Kampagnen zukünftig optimiert, das erklären wir im Artikel. Los geht’s!

Auswirkungen auf Google Ads: Watch your conversions!

Google gibt in einem aktuellen Blogartikel zu, dass die Änderungen in iOS 14.5 die verzeichneten Google-Ads-Conversions bei iOS-Kampagnen stark beeinflussen werden. Dies trifft besonders App-Kampagnen unter iOS, da diese – im Gegensatz zu Search Ads im Browser – auf keine anderen Daten zurückgreifen können als auf jene, die Apple freigibt. Wer also nur Search Ads laufen hat, den wird ATT deutlich weniger treffen.

Durch ein Pop-up müssen App-Entwickler zukünftig vor der Verwendung persönlicher Identifikationsmerkmale um Erlaubnis fragen. Wie viele Nutzer der Verwendung dieser Merkmale tatsächlich zustimmen werden und wie viele verweigern – das kann heute noch niemand genau beziffern.

Bisher konnten Werbetreibende zum Beispiel einen Kauf in einer Mode-App vom Erstkontakt in Google Ads bis zum Kaufabschluss zurückverfolgen und den Kauf eindeutig einer Anzeigengruppe zuordnen. Dies ist nun nur noch eingeschränkt möglich.

Beispielhafte Darstellung eines App Tracking Transparency-Dialogs

Um den Ausfall der Conversion-Daten möglichst gering zu halten, sollten unbedingt alle verwendeten SDKs (Programm-Bibliotheken) wie zum Beispiel das Google Mobile Ads SDK auf die neueste Version aktualisiert werden, um Funktionen wie SKAdNetwork-Support zu erhalten. Google hat eine vollständige Unterstützung der alternativen Tracking-API SKAdNetwork von Apple angekündigt. Dabei handelt es sich um eine datenschutzfreundlichere Alternative, über welche die Installationsrate und Performance von Apps gemessen werden kann – jedoch eingeschränkter als gewohnt.

Durch die Einschränkungen von SKAdNetworks können nur noch 8 Conversions parallel gemeldet werden. Wer also mehr als 8 Appkampagnen parallel laufen hat, verliert hier wichtige Daten.

App-Kampagnen auf 8 reduzieren!

Die Agenda lautet daher: Aufräumen! Und Kampagnen mit ähnlichen Zielsetzungen in einer Kampagne zusammenfassen. Dabei können weiterhin viele unterschiedliche Anzeigengruppen innerhalb einer Kampagne genutzt werden, um unterschiedliche Werbemittel zu testen. Ein exemplarischer Kampagnenaufbau könnte also wie folgt aussehen:

Wichtig ist jedoch, dass die App-Installs mit SKAdNetwork nicht mehr einfach einzelnen Anzeigengruppen zugeordnet werden können, sondern nur noch einer Kampagne. Google versucht die fehlenden Daten zwar mit Machine Learning auszugleichen – die Performance von Google-Kampagnen auf iOS-Geräten solltet ihr jedoch trotzdem genau im Auge behalten. Bei einem starken Abfall der Conversions kann es notwendig werden, hier zu reagieren.

Der Google-Videopodcast “Ads on air” mit vielen weiteren Infos für App-Betreiber

Eine Chance für Conversion Modeling?

SKAdNetwork ermöglicht also ebenfalls die Attribution von Werbeanzeigen, jedoch ohne die Übertragung von eindeutigen Identifikationsmerkmalen des Nutzers. Wenn eindeutige Erkennungsmerkmale wie Cookies und IDFA nicht mehr zugänglich sind, entstehen sogenannte Blindspots, in denen eine Verfolgung der Customer Journey nicht mehr möglich ist. Um dennoch eine Zuordnung von Conversions treffen zu können, nutzt Google ein System namens Conversion-Modeling.

Google nutzt bereits seit einiger Zeit eine eigene Modellierung für Conversions unter iOS. Mittels Conversion-Modeling wird versucht, die Blindspots durch Machine Learning und statistische Methoden zu schließen. Einfach erklärt bedeutet das: Die Blindspots werden aus den vorhandenen Conversion-Daten hochgerechnet, um zu erkennen, welche Anzeigengruppe am wahrscheinlichsten für die Conversion verantwortlich war. Sollte sich SkAdNetwork tatsächlich durchsetzen, wird die Relevanz von Conversion-Modellierung in Zukunft deutlich zunehmen.

SKAdNetwork passt auch in die Geschäftsstrategie von Google, dem Thema Datenschutz zukünftig einen höheren Stellenwert im Unternehmen einzuräumen. So wird zum Beispiel der Support für Third-Party-Cookies, die immer wieder aufgrund mangelnder Privatsphäre in Verruf geraten sind, ab 2023 für den hauseigenen Browser Chrome eingestellt. Mit der Marktmacht von über 60% Marktanteil kommt dies einem Ende von Drittanbietercookies gleich.

Tipps für App-Entwickler

Die aktuellen Versionen der Google Mobile Ads (GMA) und des Interactive Media Ads (IMA) SDKs verfügen bereits über einen Support für SKAdNetwork. Entwickler können ergänzend zu der Systemmitteilung von Apple eine eigene Erklärung für den Nutzer einbauen, warum er jetzt noch einmal einer Datenverwendung zustimmen sollte. Das ist jedem Developer aber selbst überlassen. Da die Änderungen zunächst auf Apples Ökosystem erzwungen werden, ist hier ein direkter Impact in den Anzeigenberichten zu erwarten. Gleichzeitig werden sich die Änderungen von iOS 14.5 mittelfristig auf andere Media-Kanäle auswirken, wie wir in unserem letzten Beitrag zu den Auswirkungen auf Facebook Ads bereits erklärt haben.

Einfluss auf Google Analytics-Daten

Google Analytics setzt bei der Erfassung von Nutzerdaten praktischerweise auf First-Party-Cookies. Um diese erheben zu dürfen, ist ohnehin bereits seit 2020 ein Nutzerdialog notwendig. Diese Richtungsentscheidung der europäischen Datenschutzbehörden hat dazu geführt, dass wir mittlerweile auf jeder Website einen Cookie-Banner präsentiert bekommen. Ein oder mehrere First-Party-Cookies einer Website gehören dabei meist zu Google Analytics. Durch die Änderungen im Rahmen von Apples ATT kommt es hierbei zu keinen weiteren Auflagen, da sich ATT auf Apps bezieht und nicht auf Websites. Böse ausgedrückt kann man sagen, dass die App-Betreiber mit dem Thema Datenschutz einfach zwei Jahre hinterher sind und nun ihre ganz eigene Form des Cookie-Banners erhalten. 😉

Google FLoCs – Der Blick in die Glaskugel?

In diese Zeit rund um die Datenschutz-Bekundungen von Apple fällt nun die Ankündigung von Google FLoCs. Federated Learning of Cohorts (FLoC) ist eines der wichtigsten Elemente der Privacy Sandbox-Initiative von Google für mehr Privatsphäre. Das Surfverhalten von Nutzern wird bei FLoC auf den Endgeräten aufgezeichnet und verarbeitet, um Nutzer nach Interessengruppen in Kohorten einzusortieren. Diese Kohorten können dann zum Beispiel etwas sein wie “Interesse an Schlafzimmermöbeln” oder “Interesse an Umzug”. Im Ads-Targeting werden Personen dann nicht mehr individuell, sondern im Rahmen einer Kohorte – eines sogenannten FLoCs –  angesprochen.

Google neue Zielgruppenbildung am Beispiel von “Schlafzimmermöbeln” und “Leuchten”

Laut Google sollten die FLoCs 95% der Performance von Cookie-basiertem Werbeanzeigen erreichen. Auf welcher Berechnung diese Aussage basiert, dazu schweigt sich Google allerdings aus. Die Ankündigung von FLoCs ist in der Advertiser-Community eher auf gemischtes Feedback gestoßen, weil Google bisher den Beweis schuldig geblieben ist, dass ein Targeting auf Kohorten-Basis tatsächlich zu guten Ergebnissen führt. Die Idee klingt aber interessant – und weist gewisse Parallelen zu den Interessen bei Facebook Ads auf.

Einer eindeutigen Identifizierung des Nutzers über Cookies oder Fingerprinting gibt Google damit den Korb: Der Suchmaschinenkonzern beteuert, nach dem Auslaufen von Drittanbietercookies in 2023 keine vergleichbare Technologie anzustreben, die Einfluss auf die Privatsphäre der Nutzer nimmt. Liest sich super, die Presse war prompt begeistert – es bleibt jedoch abzuwarten, wie das System in der Praxis funktioniert.

The bigger picture – Apple vs. Facebook vs. Google?

Die Privatsphäre-Offensive von Apple übt unmittelbaren Druck auf das Geschäftsmodell von Facebook aus, da Facebook auf sein App-Tracking angewiesen ist (über 70% des Traffics von Facebook passiert in den Apps). Der Streit ist sogar so weit eskaliert, dass Facebook eine ganzseitige Anzeige in der New York Times mit einer scharfen Verurteilung von Apples Vorgehen eingekauft hat. 

Als Plattformbetreiber von Android hat Google ungleich höheren Einfluss darauf, wie die Daten seiner Nutzer auf den Geräten verarbeitet werden. Die Cupertinische Verschärfung des Datenschutzes erhöht jedoch den politischen Druck auf Google, es Apple in vielen Bereich gleichzutun. Die jüngst erneuerte Ankündigung, dass Chrome ab 2023 keine Drittanbieter-Cookies mehr unterstützen wird, kann als eine Reaktion auf Apples Vorstoß verstanden werden. Da aller Voraussicht nach weniger Daten die Endgeräte von Apple verlassen werden, wird Google in der Zukunft verstärkt auf die Daten der eigenen Plattformen (Android, Google Maps, Google Analytics uvm.) außerhalb des App-Ökosystems angewiesen sein. Die Datenschutz-Dialoge in Apps werden sich indes wohl durchsetzen. Im Web-Bereich sind mittlerweile alle Menschen an Cookiebanner gewöhnt – es bleibt abzuwarten, wie schnell sie sich an die Banner in den Apps gewöhnen werden.

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Tobias Lübke

Als Google-Ads-Professional verantwortet Tobias den Bereich Search Engine Marketing der Agentur. Wenn er gerade nicht auf der Suche nach dem perfekten Ranking ist, optimiert er Conversion- und Analytics-Prozesse beim Kunden.

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